Weinbau in Tirol
Obwohl Tirol für viele eher als Bierregion gilt, gibt es tatsächlich eine jahrhundertealte Tradition der Winzerei und des Weinanbaus.
Im folgenden Blogartikel erzähle ich euch die spannendsten Informationen rund um das Thema Wein in und aus Tirol.
Geschichte
Dafür greife ich ein bisschen zurück: eine erste urkundliche Erwähnung des Tiroler Weinbaus wird mit Sautens im vorderen Ötztal um 965 n.Chr. genannt.
Spätere Aufzeichnungen belegen Weingärten in Ötz sowie im mittleren und oberen Inntal bis nach Prutz auf Höhen von 900 Metern.
Viele alte Flurnamen und Ortsteile in Tarrenz, Ötz, Roppen, Pfunds, Imst (z.B. Weinberg) und an anderen sonnigen Orten in ganz Tirol geben ebenfalls Hinweise auf den früheren Weinbau in dieser Gegend.
Selbst in Aurach bei Kitzbühel gab es den „Weinberg“: 1353 war hier den Bürgern die Weinausschank von der „Mößt“ (das „Mosten“) bis „Martini“ gestattet.
Begünstigt wurde der Nordtiroler Weinbau damals vor allem durch das warme Klima und durch eine gut florierende Wirtschaft.
Besonders hervorzuheben ist hier Kaiser Maximilian I.: als besonderer Förderer des mittelalterlichen Weinbaus ließ er Anfang des 15. Jh.Weingärten in der Nähe der Martinswand in Zirl errichten.
In dieser Zeit gab es etwa 25 Hektar Weingärten in Tirol. Zum Vergleich: heute gibt es knapp 20 Hektar.
Ab dem 16. Jahrhundert gab es einen merkbaren Rückgang im Tiroler Weinbau aufgrund einer Klimaverschlechterung mit dem Beginn der „Kleinen Eiszeit“, was zur Folge hatte, dass höher gelegene Berghöfe aufgelassen wurden und Gletscher zunahmen.
Zudem wurde Wein aus Südtirol aufgrund von besseren Verkehrswegen und günstigeren Konditionen immer beliebter.
Die Tiroler Weingärten wurden allmählich aufgelassen, lediglich an der wärmenden Hausmauer gab es weiterhin Rebstöcke.
Klima & Rebsorten
Die heutige Klimaerwärmung ist für den Tiroler Weinbau durchaus positiv:
Diese begünstigt eine Vorverlagerung der Rebblüte durch höhere Temperaturen und einen dadurch bedingten früheren Reifebeginn.
In begünstigten Gebieten können zukünftig auch Rebsorten gepflanzt werden, die infolge einer mittelspäten Reife bisher nicht ausgereift wären.
Im Tiroler Oberland (westlich von Innsbruck) ist der Herbst meist stabil, es gibt kaum Nebel, die Trauben können länger am Stock bleiben.
Durch späteres Ernten der Trauben entsteht eine höhere physiologische Reife und damit auch höhere Qualität, also Weine mit mehr Extrakt, Körper und Alkohol.
In Tirol bleibt durch die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und
Nacht auch die Säure in der Traube länger erhalten, während z.B. in Südtirol schon etwa drei Wochen früher geerntet werden muss, damit das Zucker-Säure-Verhältnis noch stimmt. Die Trauben haben also weiter nördlich mehr Zeit, wertvolle Aromastoffe einzulagern.
Weiße Rebsorten in Tirol:
Chardonnay, Müller-Thurgau,Sylvaner, Kerner, Weißburgunder sowie PIWI-Sorten (Solaris, Muscaris, Souvignier Gris, Cabernet Blanc u.a.)
Rote Rebsorten in Tirol:
Blauburgunder (Pinot Noir), Zweigelt, PIWI-Sorten wie etwa Rösler, Cabernet Jura, Regent u.a.
PIWI = Pilzwiderstandsfähige Sorten:
Durch Züchtung besondere Widerstandskraft gegen Pilzerkrankungen der Reben
In Tarrenz, inzwischen die größte Weinbaugemeinde Tirols, wurde im Jahr 2006 der erste Weinbauverein „Freie Weinbauern Tiroler Oberland“ gegründet.
Seit 2011 gibt es für ganz Tirol den „Tiroler Weinbauverband“ (www.tirolwein.at),der im Österreichischen Weinbauverband integriert ist und eine Gleichstellung mit renommierten östlichen Weinbaugebieten genießt.
Für meine weiteren Fragen rund um das Thema Wein aus Tirol habe ich mich mit Andreas Wimmer, Obmann-Stellvertreter des Weinbauverbands Tirol getroffen:
5 Fragen an Andreas Wimmer, Obmann-Stellvertreter des Weinbauverbands Tirol
1)Tirol ist ja keine typische Weinregion - warum sollte man dem regionalen Wein aber trotzdem eine Chance geben?
Ganz so untypisch ist Tirol als Weinregion gar nicht - seit dem 15.Jahrhundert wurde unter Kaiser Maximilian schon Weinanbau betrieben, der als großer Förderer fungierte. Durch eine Klimaveränderung im 16. Jhdt. ist der Wein langsam aus Tirol verschwunden, hatte aber seit den frühen 2000ern ein Comeback. Einzelne Pioniere haben sich der Sache angenommen und innerhalb von 20 Jahren viel Erfahrung sammeln können.
Die derzeitige Weinanbaufläche beträgt 25 Hektar, wächst aber zunehmend. In den nächsten 5 Jahren sind wir sehr wahrscheinlich bei 30 Hektar.
Die Qualität des Weins nimmt stetig zu und die Tiroler Winzer beschweren sich nicht über die Klimaerwärmung, sondern machen sie sich zunutze. Zudem ist Wein aus Tirol ein tolles Nischenprodukt.
2) Ist Winzer ein Job mit Zukunft in Tirol und warum sollten junge Leute sich dafür entscheiden?
Aufgrund der Flächen und Grundstückspreise wird man vom Weinbau in Tirol nicht leben können. Man kann aber das Hobby zum Nebenberuf machen. Von über 80 Winzern sind derzeit 16 so ergiebig unterwegs, dass sie Wein in Flaschen abfüllen können. Ein Winzer, das Weingut Flür in Tarrenz, kann wirklich davon leben.
3) Was zeichnet einen Tiroler Wein gegenüber einem Südtiroler Wein aus?
Den Tiroler Wein zeichnet under anderem seine Rarität aus.
Zum Vergleich: Tirol hat 25 Hektar Weinbaufläche, Südtirol hat 5500 Hektar.
Aufgrund der Vielfalt in Südtirol könnte man den Tiroler Wein mit Weinen aus dem Vinschgau vergleichen, obwohl es dort ein wenig wärmer und trockener ist.
Vom Geschmack her kann man sagen, dass im Vinschgau die pilzwiderstandsfähingen Sorten (Piwi) nicht so gängig sind wie bei uns, aber die Stile Chardonnay und Sauvignon Blanc sind tatsächlich miteinander vergleichbar.
Ähnlich ist auch die Rebsortenaufteilung mit 25% Rotwein und 75% Weißwein.
In ganz Südtirol gibt es beispielsweise 65% Weißweine.
Südtirol ist das kühlste Gebiet Italiens und bringt die frischesten Weine hervor, die beispielsweise im Süden Italiens sehr gern getrunken werden. Der Absatzmarkt für die Südtiroler Rotweine wurde dann weiter nördlich in Tirol gefunden.
4) Wie siehst du die Zukunft des Weinbaus im Alpenraum bzw. was würdest du dir dafür wünschen?
Ich sehe im Alpenraum schon Platz für Wachstum, wenn auch nicht exponentiell. Die Pionierleistungen der letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass Weinanbau von qualitativ hochwertigen Weinen in Tirol durchaus möglich ist. Die Qualität wird sich auch weiterhin steigern. Die Weingärten in Tirol sind wirklich vorbildlich und die Individualität ist aufgrund der kleinen Struktur von Haus aus gegeben und dadurch sehr reizvoll.
5) Welcher Tiroler Wein kommt derzeit bei dir ins Glas?
Zu Verkostungszwecken kommen fast alle Tiroler Weine ins Glas.
Ein Tipp: bei der Veranstaltung "Andy´s Wein Mal Eins" im Café Museum in Schwaz kann man sich super durchkosten. Diese findet jeden 1. Mittwoch des Monats statt.
Ihr seid auf den Geschmack gekommen und wollt unbedingt so bald wie möglich ein paar Tiroler Weine verkosten?
Folgende Veranstaltungen kann ich euch da zusätzlich ans Herz legen:
6. Schwazer Weinfest, 28.06.2024 ab 16:00 (https://www.schwaz.at/kalender/event/6-schwazer-weinfest/)
Über 100 Weine, Live-Musik und regionale Schmankerln
Tiroler Winzerfest in Seefeld, 20.07.+21.07.2024 (https://www.seefeld.com/de/veranstaltungen/tiroler-winzerfest-in-seefeld.html)
Neben den regionalen Tiroler Winzern ist auch eine weitere europäische Weinbauregion zum Winzerfest geladen, welche ihre eigenen Weine präsentiert und das Verkostungssortiment erweitert.